Neapel, eine chaotische Schönheit, die allen Klischees entspricht und einen doch so sehr überrascht. Nicht zuletzt in Sachen Mode! Wie so viele Italianisti behaupte ich gerne und dann gleich auch noch mit Stolz, ich kenne dieses wunderbare Land. Eben mit dieser verhängnisvollen Arroganz habe ich mich auf das modische Terrain Neapels begeben und wurde eines Besseren belehrt! (Ätsch-bätsch!)
Nein, Neapel ist nicht Mailand und Neapel ist auch nicht Anna dello Russo und wie sie alle heißen mögen in dem ach so gehypten Modeuniversum. Neapel ist laut, schmutzig, wild, authentisch und nicht zuletzt dunkel. Dunkel auf eine positive, geheimnisvolle Art. Wer es nicht wusste, die Gassen der Altstadt sind mit Blöcken aus Vulkangestein ausgelegt und der ist eben schwarz. Der Vesuv prägt diese Stadt insofern in vielerlei Hinsicht.
Ich habe klassische Bellezze erwartet mit langem, wallendem Haar mit einem natürlichen Schimmer, für den andere Frauen töten würden (und nicht etwa die Camorra), und das habe ich in der Tat auch gefunden, ABER abzüglich des „klassisch“.
Neaples Frauen sind wie die Stadt selbst, schön und manchmal eben etwas übertrieben. Auf der einen Seite sieht man ganze Familien, die samt Kinderwagen durch die Stadt schlendern und dabei einem Kaleidoskop gleich in allen Farben und Stoffen schimmern: rosa Jogginghose oder Leggings gepaart mit goldenen Turnschuhen und Designer-Faketaschen, die es überall auf den Straßen zu kaufen gibt, dazu eine lange oft zerwühlte Mähne oder im schlimmeren Fall mit schlecht gefärbtem blonden Haar. Auf der anderen Seite sieht man sehr gestylte Mädchen, die aber alle zwei Dinge gemeinsam haben: adidas originals in allen Farben und Musterungen und/oder die Farbe Schwarz!
Es ist ein ganz eigener Stil dieser „schwarze Sportsstyle“. Er ist nicht wie der androgyne, skandinavische Stil der sogenannten Hippster. Er ist viel weiblicher, um nicht zu sagen erotischer und aggressiver alla „Eccomi, guardatemi tutti!“ (übersetzt: „Hier bin ich, seht mich alle an!“) Diese Modeausprägung gefällt mir gut, nur dass ich sie nicht unbedingt in Neapel erwartet hätte. Adidas originals hier, adidas originals da und schwupp-di-wupp, die Falle schnappte zu und in meinem Hotel standen nagelneue adidas originals in Schlangenoptik (sono bellissime).
Je mehr Zeit ich damit verbrachte, diese Großstadt und ihre Modevertreterinnen zu beobachten, desto bewusster wurde mir, wie anders Mode hier interpretiert wird als zum Beispiel in Hamburg. Mein Reisecompagnon und ich fielen regelrecht auf. Ich weiß nicht genau, woran es lag, aber ich selbst kam mir wie ein modischer Fremdkörper vor.Vielleicht war ich einfach zu bunt, vielleicht hatte ich auch aber einfach (noch) die falschen Turnschuhe an. Mein Fazit ist: Mode all’italiana gibt es nicht und das ist auch interessanter so!