Reisen ist was Schönes! Ja, wohl kaum jemand würde dem widersprechen. Ich am allerwenigsten. Schließlich erwartet mich im Urlaub eine Zeit, in der ich tun und lassen kann, was ich will: ganz ohne Verpflichtungen, Überstunden oder frühes Aufstehen. In der Regel besichtige ich Orte, an denen ich viel Kultur und Kunst entdecken kann, oder ich entspanne an der kroatischen Adria.
Die Vorfreude ist also immer sehr groß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich dem des Kofferpackens. Oh Schreck, Grauen, Horror und Dunkelheit.
Wer meinem Blog folgt, wird es schon wissen. Ich untermale einer Zwangsstörung gleich jeden Augenblick meines Lebens mit Mode. Schrank aufgemacht, Inspiration hervorgeholt, Outfit zurechtgemacht. Auf Reisen jedoch muss ich mir schon im Voraus überlegt haben, in welchen Lieblingsstücken ich mich in dem einen oder anderen Moment meines Urlaubs am besten fühlen werde. Das ist für mich eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, deshalb aber auf Urlaub zu verzichten: No way!
Vor etwas über einer Woche war ich genau mit dieser Situation konfrontiert. Ich habe mich auf die lange ersehnte Reise nach Neapel vorbereitet. Seit Jahren wollte ich schon in diese chaotische Schönheit am Vesuv. Jetzt war es endlich soweit, aber die Vorstellung, den Koffer hinter dem Bett hervorzuholen und mit dem Packen zu beginnen, vermieste mir beinahe die Stimmung.
Ich wäre nicht schon 32, wenn ich mit den Jahren nicht einen Schuss Reife und Vernunft erlangt hätte.
Um das Problem mit dem „Ersatzschrank“ namens Koffer erst gar nicht aufkommen zu lassen, ging ich pragmatisch an die Sache heran: „Es ist ein Städtetrip, bei Temperaturen von um die 16, 20 Grad und ich bleibe 6 Tage. Damit wären die Sandalen und Bikinis schon mal gefahrlos aussortiert.“ Gut, aber was ist mit den ca. 30 Hosen, 40 Oberteilen, 20 Jäckchen und Jacken, 20 Schuhen und erst mit den Taschen und und und, die in meinen Schränken auf ein Mitfahrticket warten? Der nächste Schritt ist ganz einfach (= Ironie). Anhand der Urlaubstage schätze ich ungefähr ab, wie viele Outfits ich überhaupt benötige. Weil das nicht so einfach zu beantworten ist – schließlich ziehe ich pro Tag auch mal zwei verschiedene Outfits an -, beginne ich mit den Basics: Slips, Socken etc. Gar nicht so schwer! (Die Motivation steigt.)
Jetzt kommen die schweren Geschosse: Ich wähle Hosen, Oberteile, Schuhe und Kleider/Röcke aus, die ich einfach gerne trage und fange dann an, in meinem Kopf (oder tatsächlich angezogen vorm Spiegel) die Teile miteinander zu kombinieren. Was überzeugt, bleibt, was nicht, wird zunächst (!) beiseite gelegt. Ich trenne mich halt einfach nicht so gerne von einer vermeintlich perfekten Outfit-Idee für den Urlaub. Dieses ganze Procedere kann 1 Stunde oder wenn es ganz hart auf hart kommt bis zu 5 Studen dauern. Ja, richtig gelesen.
Es ist eigentlich so verrückt, dass ich selber darüber lachen muss.
Am Ende habe ich alle Teile vor mir ausgebreitet, kenne die besten Kombinationsmöglichkeiten und weiß, wie toll ich mich mit diesen Klamotten fühlen werde, wenn ich schon in ein paar Tagen durch die engen Gassen Neapels wandere. Wer glaubt, damit sei die Sache erledigt, der irrt sich. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem ich mein „Werk“ fast zum Scheitern bringe. Ich frage mich zum Abschluss ganz selbstkritisch: „Brauchst du das wirklich alles?“ Wie ihr euch denken könnt, lautet die Antwort meistens ja, zumindest so lange bis ich anfange, den Koffer zu beladen und merke, dass er vielleicht nicht zugehen wird oder aber dass er die Mindestgrenze von 20 kg überschreiten wird.
Entweder ich packe alles wieder aus, gehe erneut die Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten durch oder ich habe das Gefühl, einige „schwarze Schafe“ schon im Vornhinein eingepackt zu haben, und werde sie emotionslos wieder los.
Spätestens wenn die Nerven blank liegen und die körperliche und mentale Mündigkeit eintritt, ist aber auch bei mir Schluss mit diesem Wahnsinn und ich sage mir:
Egal, was ich vielleicht vergessen habe oder was ich vielleicht benötigen werde, ich kann es zur Not dort kaufen!
Man sieht, ich bin hoffnungslos der Mode verschrieben und werde es trotz jeglicher selbst gestellter Fallen auch bleiben. Übrigens das „schwarze Schaf“ Jeansjacke, das ich im letzten Moment in den Schrank zurückgehängt habe, hat mir in der Tat vom ersten Tag an gefehlt. Zum Ausgleich war ich dann einfach in Neapel shoppen. Viva il dolce shopping!